Mineralwolle | Glaswolle | Steinwolle | Wärmedämmung | Lärmschutz | Brandschutz | Dämmstoff | Dämmen | Energiesparen

Pilotprojekt in Fertigstellung

Kuckucks Maßanzug

Das erste Energiesprong-Projekt in Deutschland zeigt, wie die großflächige, energetische Sanierung von Wohngebäuden besser geht. Wie man mit Datenwolken Zukunftshäuser baut. Und warum Mineralwolle (Glaswolle und Steinwolle) mit von der Partie ist.

Kälte und Feuchtigkeit krochen durch die alten Gebäude, und der Hausschwamm fraß sich durch die Wände. Vor neunzig Jahren plante der Architekt Bruno Köberle den „Kuckuck“ entlang der Bahngleise am östlichen Rand von Hameln als naturnahe Siedlung für „einfache Leute“, wie man damals sagte. Seitdem aber erfuhr die Siedlung kaum Zuwendung, keine Sanierungen, keine zeitgemäße Infrastruktur. Bis vor der Sanierung standen 80% der Wohnungen leer und der Kuckuck galt als sozialer Brennpunkt. 2017 kaufte ein Investor, die asargo Gruppe, die Siedlung und initiierte deren energetische Sanierung.

Energiesprong: Neues Sanierungsverfahren schont Miete und Umwelt

Dabei war klar, dass sich die Sanierung nicht durch höhere Mieten gegenfinanzieren ließ. Sie musste also kostengünstig und damit attraktiv für finanzschwächere Mieter sein. Im gleichen Jahr noch traf der Investor die drei Gründer von ecoworks, einem Energietechnik- und Bauunternehmen.

So ergab sich die perfekte Symbiose für ein erstes deutsches Energiesprong-Projekt: Das Start-up ecoworks vereint IT-Erfahrungen mit energie-, wirtschafts- und ingenieurtechnischem Wissen; der Investor dagegen hat eine Immobilie mit den für Energiesprong passenden Faktoren, wie eine einfache Kubatur, eine serielle Gebäudetypologie, ein niedriger Sanierungsstand und ein hoher, sozialer Anspruch.

Digitalisierung bringt Maßgenauigkeit

Etwa ein Jahr dauerte die Umsetzung des Projektes, länger als zukünftige Projekte dauern sollen. Aber die Ingenieure mussten erst ein auf verschiedenste Gebäude übertragbares Verfahren samt Software- und Konstruktionslösungen entwickeln. Nachfolgende Sanierungsprojekte werden, wie die Niederlande schon bewiesen haben, schneller und kostengünstiger ablaufen. Grundsatz der Energiesprong-Sanierung ist die Digitalisierung von Aufmaß, Planung und Produktion vorgefertigter Bauteile. Zur Bestandsaufnahme installierten die Ingenieure zunächst 3D-Laserscanner. Die Scanner erfassten die Bestandsgebäude punktgenau und erstellten dann innerhalb nur eines Tages eine sogenannte 3D-Punkt-Wolke. Diese Punktdaten wurden in ein dreidimensionales CAD-Modell umgewandelt. So kann die weitere Planung mit CAD- und BIM-Software erfolgen. Stefan Oehler, der Projektarchitekt bei ecoworks, sagte: „Das Schwierigste dabei ist die hohe Maßgenauigkeit, denn die Bestandsgebäude weisen große Toleranzen auf“. Schon früh knüpfte ecoworks Kontakt zu dem Holzbauunternehmen Opitz, das mit computergesteuerten Produktionsmaschinen, wie der CNC-Fräse, Holzbauteile industriell und millimetergenau vorfertigen kann.

Holz und Mineralwolle im Energiesprong-Paket

Für die Fassade baute man Holztafelelemente, deren Maße nicht nur auf das Gebäude, sondern auch auf einen LKW abgestimmt sind: Sieben Meter lang und geschosshoch. Den Kern bildet eine Einblasdämmung aus Mineralwolle, „denn die macht die Sanierung noch einmal ein Stück ökologischer hinsichtlich der CO2-Bilanz“, sagt Oehler. In diesem Fall kam Glaswolle zum Einsatz.

Die Mineralwolle wird im Werk ins Gefach eingeblasen und ermöglicht so ein fehlerfreies, lückenloses und schnelles Dämmverfahren. Außerdem bleibt sie auch bei den für Holz typischen Materialbewegungen formstabil und setzungsfrei. Die Vorderseite der Tafelmodule erhielt eine hinterlüftete Verschalung, die hier aus Lärchenholz besteht. Das Konstruktionsprinzip ermöglicht aber beliebige andere Materialien. Fenster, Türen, Sonnenschutz und Lüftungen wurden bereits im Werk in die Fassadenmodule montiert.

Lückenloser und fehlerfreier Anschluss

Um die Holztafeln später vor die Altbauwände setzen zu können, brauchte es eine anpassungsfähige Anschlussschicht auf der Hinterseite der Module, eine sogenannte Toleranzschicht. Diese kann Ungleichmäßigkeiten in den Bestandsoberflächen ausgleichen. Hierfür kamen Mineralwolle-Matten auf die Innenseite der Module. So vorgefertigt ließen sich die Module per LKW auf die Baustelle fahren und mit einem Kran vor die Fassade setzen. Insgesamt hat die vorgesetzte Fassade eine Dicke von 36 cm, ist selbsttragend und lagert auf Stahlkonsolen auf, die in der Kellerwand verankert sind. Die Vorfertigung der Fassade ist wie ein Maßanzug fürs Gebäude mit einem großen Vorteil, wie Oehler sagt: „Wir konnten damit eine absolut luftdichte und wärmebrückenfreie Hülle herstellen.“ Die Bestandswände des Pilotprojektes zum Beispiel sind im Erdgeschoss zweischalig, darüber einschalig. Die fehlerfreie und luftdichte Einhausung der zweischaligen Altbau-Fassade ist für die Dämmwirkung essentiell, wenn der Luftraum zwischen den Bestandsschalen selbst nicht gedämmt ist.

Weitere konstruktive Maßnahmen

Auch das Dach erhielt eine neue Eindeckung mit gedämmten Stahlpaneelen aus dem Industriebau und aufgesetzten PV-Modulen. Für zukünftige Projekte tüfteln die Ingenieure an Alternativen aus Holz für eine noch bessere CO2-Bilanz.

Erst als die Dach- und Fassadenelemente montiert waren und die Gebäudehülle stand, wurden im Innern Altbaufenster entfernt und neue Laibungen eingebaut. Auf diese Weise können Wohnungsbauunternehmen auch bei folgenden Energiesprong-Projekten ihren Bestand Zimmer für Zimmer in einem durchgängig bewohnten Gebäude sanieren. Zur Gebäudehülle kamen Dämmmaßnahmen im Innern, wie die Dämmung der Kellerdecke und des Leitungssystems.

Intelligente Gebäudetechnik

Schließlich folgte eine smarte Gebäudetechnik: Die erwähnte PV-Anlage mit Batteriespeicherung, eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung, eine elektrische Wärmepumpe mit zwei Wärmespeichern für Heizung und Warmwasser, sensorgesteuerte Heizthermostate und Strom- und Wärmemengenzähler sowie eine Ultrafiltration des Warmwassers für einen effizienten Betrieb der Wärmepumpe. Mit diesen Maßnahmen erreicht das Gebäude im Betrieb sowohl eine Null-Energie- als auch eine Null-CO2-Jahresbilanz. Da die Energieverluste auf ein Minimum reduziert sind, bleibt nur ein kleiner Restbedarf an Energie, den das Gebäude über die PV-Module selbst decken kann.

Es gibt viele Gründe, die für eine Energiesprong-Sanierung sprechen, wie die Kosten oder die Qualität. Der Wichtigste aber ist die Zeit, wie Oehler sagt: „Den Fachkräftemangel beim Bauen kann nur eine industrielle Vorfertigung auffangen.“ Nur wenn digitale und industrielle Bauprozesse den Zeitplan für großflächige Sanierungen drastisch verkürzen, lassen sich die Klimaziele 2050 tatsächlich erreichen.

Für die Fassade wurden vorgefertigte Komplettmodule mit Dämmung, Türen, Fenstern, Sonnenschutz und Lüftung vor den Altbau montiert. Erst danach wurden die Fenster des Altbaus entfernt. Das ermöglicht die Sanierung im bewohnten Gebäude. Bildquelle: ecoworks

Für die Fassade wurden vorgefertigte Komplettmodule mit Dämmung, Türen, Fenstern, Sonnenschutz und Lüftung vor den Altbau montiert. Erst danach wurden die Fenster des Altbaus entfernt. Das ermöglicht die Sanierung im bewohnten Gebäude. Foto: ecoworks

Für die Fassade wurden vorgefertigte Komplettmodule mit Dämmung, Türen, Fenstern, Sonnenschutz und Lüftung vor den Altbau montiert. Erst danach wurden die Fenster des Altbaus entfernt. Das ermöglicht die Sanierung im bewohnten Gebäude. Fotos: ecoworks

Der Wandaufbau von innen nach außen: Bestandswand aus einschaligem Mauerwerk (zweischalig im EG) und Putz, Toleranzschicht aus Mineralwolle, Holztafelmodul mit einem Dämmkern aus Glaswolle, Luftschicht, Verkleidung aus Lärchenholz. Foto: ecoworks

 

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Der Wandaufbau von innen nach außen: Bestandswand aus einschaligem Mauerwerk (zweischalig im EG) und Putz, Toleranzschicht aus Mineralwolle, Holztafelmodul mit einem Dämmkern aus Glaswolle, Luftschicht, Verkleidung aus Lärchenholz. Fotos: ecoworks

So sieht es nach Fertigstellung aus: Aus einem 1930er Jahre Gebäude für „einfache Leute“ wurde ein zeitgemäßes, komfortables Wohngebäude im Grünen mit niedriger Warmmiete und viel Platz für Familien. Foto: ecoworks

So sieht es nach Fertigstellung aus: Aus einem 1930er-Jahre-Gebäude für „einfache Leute“ wurde ein zeitgemäßes, komfortables Wohngebäude im Grünen mit niedriger Warmmiete und viel Platz für Familien. Foto: ecoworks

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