Mineralwolle | Glaswolle | Steinwolle | Wärmedämmung | Lärmschutz | Brandschutz | Dämmstoff | Dämmen | Energiesparen

Die gar nicht platte Platte

Das Architekturbüro Hild und K entwickelte für ein Münchener Hotel ein Gebäude aus elementierten und vorgefertigten Beton-Ziegel-Modulen. Ein Plattenbau mit einer Mineralwolldämmung, der dank sorgsam gestaltetem Oberflächenrelief so gar nicht platt, sondern sehr tiefgründig erscheint.

Vor rund 50 Jahren galt die Platte als Wundermittel der Wohnungswirtschaft. Der vorgefertigte, elementierte Betonbau erhöhte durch Typisierung von Bauteilen und Gebäuden die Geschwindigkeit und Qualität beim Bauen und reduzierte dabei zugleich die Baukosten. In kurzer Zeit entstanden zahlreiche Neubauwohnungen mit einem für viele Bürger damals ungewöhnlich hohen Wohnkomfort: ein eigenes Bad, eine moderne Einbauküche und mehrere Zimmer, ein oft großer Balkon mit Aussicht, dazu ein Aufzug und ein Parkplatz. Die Verdichtung des Wohnraumes im Hochhaus reduzierte zudem den Bedarf an Siedlungsfläche. Das war also sehr ökologisch.

Beim Bauen ist heute das elementierte Bauen gefragter denn je. Es ermöglicht, wie früher, schnelle, witterungsunabhängige und fehlerarme Prozesse. Aber es sind vor allem zeitgemäße digital gesteuerte Maschinen, die das Herstellungsverfahren individualisieren, den Gestaltungsspielraum enorm erhöhen und so die Vorfertigung zur Schlüsseltechnologie machen. Wie ein zeitgemäßer Plattenbau heute aussehen kann, zeigen Hild und K Architekten mit einem Hotelneubau in München, für das sie eine Anerkennung beim Deutschen Ziegelpreis 2021 erhielten.

Wohnen, wo andere werkten

Das Werksviertel am Münchener Ostbahnhof ist ein altes Industrieareal, auf dem einst Lehm abgebaut und später Kartoffelprodukte gefertigt wurden. Es wird seit Jahren für andere Nutzungen umgebaut: Wohnen, Kultur und Dienstleistung, wo früher Fabrikarbeiter werkten. Die meisten der alten Gebäude wurden saniert, nur wenige Neubauten kamen hinzu. Ob alt, ob neu, die industrielle Vergangenheit ist die identitätsstiftende Gemeinsamkeit aller Gebäude. Dafür sorgen auch entsprechende Gestaltungsvorgaben im Bebauungsplan.

Hild und K Architekten planten und bauten nun im Zentrum des Areals ein Hotel mit 303 Hotelzimmern, einer Bar, einem Restaurant und Ladenflächen im Erdgeschoss. Die Architekten wählten einen u-förmigen Grundriss und eine gestaffelte Gebäudehöhe von drei bis sechs Obergeschossen, mit der sie auf die Umgebung reagierten. So sorgten sie über die niedrige Seite für viel Licht im eigenen und in den nahen Nachbarbauten. Zugleich bildeten sie auf der hohen Gebäudeseite eine städtische Adresse am Quartiersplatz aus. Unter dem Gebäude und seinem Vorplatz erstrecken sich drei Parkgeschosse.

Beton, Lehm und Mineralwolle im Sandwich

Grundlage für die architektonische Idee war die industrielle Vergangenheit des Areals. Dionys Ottl, Partner bei Hild und K Architekten, erzählt: „In Anlehnung an den für den Ort typischen Lehmbau und als passendes Gegenüber zum natursteinernen Bestand wählten wir Ziegel als Fassadenmaterial.“ Zugleich beschäftigen sich die Architekten schon lange mit der industriellen Vorfertigung von Bauteilen und einem zeitgemäßen Plattenbau. Ottl begründet das: „Der Plattenbau punktet hinsichtlich Qualität, Kosten und Termineinhaltung.“ Sie tüftelten also an einer Lösung, die den vorgefertigten Betonbau mit einer Ziegelfassade zusammenbrachte. „Die Gestaltung war für sich schon ein langer Prozess“, erinnert sich Ottl.

Zwei Jahre planten sie an Fassade und Konstruktion. Im Innern besteht diese aus seriellen und passgenau vorgefertigten Betondecken, tragenden Betonwänden und teilweise mit Mineralwolle ausgedämmten Trockenbauwänden. Die Fassade selbst steht eigenständig und selbsttragend vor der Konstruktion. Sie setzt sich aus unterschiedlich großen Sandwichmodulen zusammen. Diese haben innenseitig eine Betonschale, mittig eine Wärmedämmung aus Mineralwolle und außenseitig eine mit einem Relief gestaltete Außenschale. Ottl erklärt:

„Für Mineralwolle haben wir uns entscheiden, um zum einen Brandüberschläge zu verhindern, zum anderen aber auch wegen ihrer Langlebigkeit. Wir achten bei allen Bauwerken sehr auf die Lebensdauer von Architektur und Material.“

Mehr Tiefe für die Platte

Die mit einem Relief gestaltete Außenschale prägt die Architektur des Gebäudes maßgeblich und war ausschlaggebend dafür, dass die Architekten für dieses Gebäude ausgezeichnet wurden. Ottl berichtet: „Das Relief hat in unserem Büro generell eine große Bedeutung, weil es eine Oberfläche nur über den Lichteinfall verändert.“ In diesem Fall ging es aber um zwei weitere Aspekte: Den Ziegel gestaltprägend in die Fassade zu integrieren und das für Plattenbauten typische und oft als unästhetisch empfundene Fugenbild zu verbessern.

Sie ließen also die Ziegeltafeln in die liegende Schalung, die Gießvorlage eines jeden Moduls, legen. Dabei überlagerten sich die Tafeln wie Schuppen. Darauf wurden die Bewehrungseisen gelegt, über die dann ein roter Beton gegossen wurde. Die Oberfläche des ausgehärteten Betonmoduls wurde anschließend noch im Werk teilweise gesäuert, teilweise sandgestrahlt, so dass unterschiedliche Haptiken und Farbnuancen entstehen, die das Relief betonen. Die Modulkanten verspringen jeweils in der Tiefe, so dass sich die vorgefertigten Elemente beim Zusammenfügen auf der Baustelle miteinander verzahnen und eine lückenlose Dämm- und Hüllfläche bilden.

Maße der Module

Sowohl in der Planung als auch in der Umsetzung war also extreme Genauigkeit gefordert. Ein nachträgliches Justieren war nicht mehr möglich, wie Ottl klarmacht: „Wir haben einen Toleranzbereich von 2 cm.“ Das ist fast nichts, angesichts einer Modulbreite von bis zu 6 m, einer Höhe von 2,89 m und einer Tiefe von bis zu 55 cm. Die maximale Größe von Fertigteilen richtete sich üblicherweise nach den Ladeflächen der Laster und den Brückenhöhen, die bei der Anfahrt zur Baustelle unterquert werden mussten. Hier aber kam ein weiterer Aspekt hinzu, wie Ottl sagt: „Auf der engen Baustelle hatte der Kran einen kleineren Ausschwenkradius und damit auch einen kürzeren Hebel. Es stellte sich heraus, dass er deshalb das Gewicht der Eckmodule nicht tragen konnte. Wir konnten diese dann im letzten Moment kleiner dimensionieren, damit es passte.“

Auch wegen solcher Überlegungen war der Planungsaufwand hier höher als bei herkömmlich gebauten Gebäuden. „Die größte Herausforderung war die, das Geplante umsetzbar zu machen“, meint Ottl. Der Hersteller war deshalb früh und eng in den Planungsprozess involviert. Doch war die Umsetzung einmal ausgetüftelt, ging das Bauen selbst schneller und sei, so Ottl, auch für den Bauherrn äußerst motivierend gewesen, weil der Baufortschritt täglich sichtbar gewesen sei.

Zeit für neue Platten

Nicht bei jedem Projekt bedeutet der Plattenbau einen hohen Planungsaufwand. Eine Rückbesinnung auf bewährte Lösungen ist sogar durchaus sinnvoll. In Ottls Worten: „Wir müssen das Rad ja nicht neu erfinden.“ Dieses Gebäude zeigt, dass der Plattenbau aus Beton sich technisch und gestalterisch weiterentwickeln kann. Aber noch sind es wenig Planende, Bauende und Hersteller, die diese architektonische Qualität und Vielfalt im Plattenbau priorisieren und entsprechend experimentieren. Noch ist es zu oft die alte Platte, an die wir denken, mit ihrem stereotypen, meist flachen Sound.

 

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Hild und K Architekten wählten für einen Hotelneubau im Münchener Werksviertel eine Betonplattenbauweise. Diese passt zur Industriegeschichte des Ortes, überzeugte die Architekten aber vor allem durch Schnelligkeit, Termineinhaltung, Qualität und gut kalkulierbare Kosten.

Fassade I Hotel I Werksviertel München I Neubau I Plattenbau I Der Dämmstoff I Foto Michael Heinrich

Eigentlich, so sagen die Architekten, sei es gar keine Beton-, sondern eine Ziegelfassade. Die Ziegel sind in den rot gefärbten Beton eingelassen, denn Lehm ist ein typisches Baumaterial in München.

Zimmer I Hotel I Werksviertel München I Neubau I Plattenbau I Der Dämmstoff I Foto Michael Heinrich

Im Innern dann doch vor allem Beton in einer eher modernen, industriellen Anmutung. Auch die Trennwände sind größtenteils aus Beton und Mineralwolle vorgefertigt.

Industriedesign I Hotel I Werksviertel München I Neubau I Plattenbau I Der Dämmstoff I Foto Michael Heinrich

Die Industriegeschichte ist gestaltgebendes Merkmal, außen wie innen, hier in diesem Hotel wie auch in den anderen Gebäuden des Viertels.

Detailschnitt I Hotel I Werksviertel München I Neubau I Plattenbau I Der Dämmstoff I Zeichnung Hild und K Architekten

Der Detailsschnitt im Maßstab 1:20 zeigt: Die Modulkanten verspringen, damit sie sich dicht miteinander zu einer lückenosen Fassade verzahnen lassen. Zeichnung: Hild und K Architekten

Alle Fotos: Michael Heinrich

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