Die Diplom-Ingenieurin Anke Schwark berät in ihrem Blankenhainer Ingenieurbüro Planende, Bauherren und Kommunen zum Thema Energie-, Umwelt- und Gebäudetechnik. Sie betreut BAFA- und KfW-Projekte und erarbeitet GEG- und Wärmebrückenberechnungen für Wohn- und Nichtwohngebäude. Als unabhängige Beraterin der Verbraucherzentrale gibt sie regelmäßig Schulungen zu aktuellen Bauthemen wie die Förderung von energetischer Gebäudesanierung. Denn die bleibt in Deutschland Bauaufgabe Nummer eins, vor allem für private Bauherren: Von den rund 19 Millionen Wohngebäuden sind ca. 83 Prozent Ein- und Zweifamilienhäuser – 63 Prozent wurden vor der ersten Wärmeschutzverordnung, d.h. vor dem Jahr 1977, gebaut.
Wir fragten die Expertin nach den wichtigsten Punkten rund um die energetische Sanierung von Wohngebäuden, die neue Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und den individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP):
Die Förderung für den Neubau sowie die Sanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden wird mit der BEG neu aufgesetzt. Welchen Vorteil hat die BEG im Vergleich zu den bisherigen Förderprogrammen?
In erster Linie soll mit der BEG die Förderlandschaft vereinfacht werden. Gleichzeitig steigen die staatlichen Zuschüsse für energieeffizientes Bauen und Sanieren gegenüber den bisherigen Förderungen noch einmal deutlich. Zukünftig sollen alle Zuschüsse durch das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ) und alle Kredite durch die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) abgewickelt werden.
In welchen Einheiten werden die Ziele der energetischen Sanierung von Gebäuden zukünftig bemessen?
Grundsätzlich werden weiterhin die Primärenergie und die energetische Qualität über den U-Wert der Außenbauteile als Richtschnur verwendet. Gleichzeitig wird erforscht, wie eine Umstellung auf eine CO2– und Lebenszyklus-basierte Betrachtung erfolgen kann.
Im Rahmen des BEG-Teilprogramms „Einzelmaßnahmen“ (BEG EM) können verschiedene Maßnahmen einer Gebäudesanierung – darunter die Dämmung – einzeln gefördert werden. Welche Investitionssummen sind förderfähig?
Für Einzelmaßnahmen können in der BEG EM je Antrag und Kalenderjahr 60.000 Euro beantragt werden. Damit können die maximalen förderfähigen Kosten bei einer Sanierung über mehrere Schritte und Jahre erhöht werden. Ob dies viel Sinn macht, sollte allerdings durch einen Energieberater geprüft werden. Häufig ist es sinnvoll, dann lieber in einem Zuge mit höherem Tilgungszuschuss zu sanieren.
In der Regel gelten zugesagte Förderungen für eine Umsetzung der Maßnahmen innerhalb von 24 Monaten. Müssen Förderanträge neu gestellt werden, wenn sich Maßnahmen, z.B. wegen eines Corona-Lockdowns, verschieben?
Nein, in begründeten Fällen kann eine Verlängerung auf 48 Monate beantragt werden. Dies ist auch schon regelmäßig der Fall, wenn sich eine Baumaßnahme aus ganz „normalen“ Gründen verzögert.
Im Rahmen der Förderung wird die energetische Hausmodernisierung mit einem sogenannten individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) empfohlen. Warum ist ein solcher Fahrplan auch für Einzelmaßnahmen sinnvoll? Ist die Umsetzung weiterer Maßnahmen aus dem iSFP zeitlich verpflichtend oder bleibt sie generell optional? Sprich, muss ein Gebäude eine energetische Gesamtstrategie aus dem iSFP irgendwann komplett erfüllen, um eine Förderung zu erhalten?
Der iSFP ist überaus sinnvoll. Mit dem iSFP werden dem Hausbesitzer sinnvolle Sanierungsoptionen aufgezeigt, wie er sein Gebäude in einem oder in drei Schritten in ein Effizienzhaus umgestaltet. Hierbei werden die Kosten dafür sowie die eingesparten Energiekosten für jede Sanierungsmaßnahme aufgezeigt, sodass der Kunde die Investitionen und die Auswirkungen jeder Maßnahme bewerten kann. Wenn dann einzelne Maßnahmen aus dem Sanierungsfahrplan umgesetzt werden, erhält er zum Zuschuss weitere 5 Prozentpunkte iSFP-Bonus.
Ist die Umsetzung weiterer Maßnahmen aus dem iSFP zeitlich verpflichtend und muss ein Gebäude eine energetische Gesamtstrategie aus dem iSFP irgendwann komplett erfüllen, um eine Förderung zu erhalten?
Alle Maßnahmen, die im iSFP genannt sind, werden unabhängig davon, ob der Fahrplan in Gänze abgearbeitet wird oder nur ein Teil davon, durch zusätzliche fünf Prozent Bonus gefördert. Somit müssen nicht alle Maßnahmen umgesetzt werden. Sobald Sie eine Maßnahme beantragen und diese im iSFP genannt ist und nicht schlechter als vorgeschlagen umgesetzt wird, bekommen Sie diesen Bonus.
Wo entstehen in der Praxis durch vorangegangene Sanierungsmaßnahmen eventuell Tücken, auf die ein Bauherr achten sollte?
Häufig besteht die Herausforderung darin, bauphysikalische Anforderungen rechtzeitig zu erkennen und richtig zu bewerten. Durch falsche Sanierungsmaßnahmen können Lock-in-Effekte oder Bauschäden begünstigt werden. Deshalb ist es wichtig, mit professionellen Handwerkern und einem Energieeffizienz-Experten zusammenzuarbeiten. Nur dann erhalten Sie übrigens auch die beantragten Fördergelder.
Welche Sanierungsmaßnahmen im Bereich Dämmung lohnen sich bei der Förderung von Einzelmaßnahmen besonders, vor allem für Wohnimmobilienbesitzer?
Alle baulichen, energetischen Ertüchtigungen wie die Dämmung einer Außenwand, die Dämmung des Dachs oder der Geschossdecken werden mit 20 Prozent bezuschusst. Sollte auch hier ein iSFP vorliegen, erhöht sich die Förderquote um 5 Prozent. Damit sind staatliche Zuschüsse bis zu 15.000 Euro pro Einzelmaßnahme möglich.
Mit welchen Sanierungsaufgaben bei bestehenden Wohnungsbauten haben Sie in Ihrem Büro typischerweise zu tun?
Häufig kommen die Kunden mit einem konkreten Projekt wie: „Die Fenster sollen getauscht werden“. In der Regel können wir frühzeitig einen iSFP erstellen, der ja allein schon zu 80 Prozent gefördert wird, und hierdurch sinnvolle Maßnahmenkombinationen vorschlagen. So ist zum Beispiel der alleinige Fenstertausch ohne Sanierung der Außenwand nicht sinnvoll!
Wann ist die Dämmung der Gebäudehülle mit Mineralwolle, also Steinwolle und Glaswolle, förderfähig?
Mineralwolle kann bei fast jeder Dämmung, egal ob Außenwand, Dach, oberste Geschossdecke oder Kellerdecke, zum Einsatz kommen. Eine Mineralwolldämmung ist dementsprechend förderfähig.
Bei welchem Bautyp oder Baujahr lohnt sich die Sanierung mit Mineralwolle besonders?
Je schlechter das Bauteil heute energetisch dasteht, desto besser rechnen sich energetische Investitionen, wie z.B. eine Dämmung aus Glas- oder Steinwolle. Neben der reinen Brennstoffeinsparung sind aber häufig weitere wichtige Faktoren zur Bewertung der Maßnahme wichtig, wie etwa der sommerliche Wärmeschutz, die architektonische Qualität oder der Gebäudeerhalt allgemein.
Mehr Infos unter: www.deltauwb.de