Die FIT AG glänzt nicht nur mit einer relativ jungen, aber zukunftsweisenden Technologie, sondern auch mit einer entsprechenden Firmenarchitektur, die das nach außen trägt. Sie stammt von den Architekten Berschneider + Berschneider und verpasst dem Land eine echte Verjüngungskur, sowohl ästhetisch als auch in der Produktions- und Bautechnik mit Stahlsichtbeton, Edelstahl und Mineralwolle.
Mitten in der oberpfälzischen Provinz, im ländlichen Dreieck zwischen Nürnberg, Ingolstadt und Regensburg, ragt ein 34 Meter hoher Turm aus der Landschaft. Mit grün-braun-gold changierender Hülle aus anodisiertem Edelstahl und poliertem Messing leuchtet er wie ein großer, glänzender Rosenkäfer. Die extravagante, zeitgenössische Architektur steht seit 2017 auf dem Areal der Lupburger FIT AG, die mit additiver Fertigungstechnik, also mit 3D-Druckverfahren, individuelle wie auch serielle Bauteile für mehr als 2000 Kunden aus dem Fahrzeugbau, der Luft- und Raumfahrt und der Medizintechnik produziert.
Der Turm ist der Verwaltungshauptsitz mit ca. 200 Arbeitsplätzen und ein Auftakt für mehrere kleinere Türme: Bereits jetzt steht dahinter ein zweiter Turm, das Gästehaus – niedriger, aber genauso mondän mit messingfarbenen Balkonen. Weitere Gebäude werden folgen. Die Architekten Berschneider + Berschneider entwickelten die Architektur, mit einem zum Unternehmen passenden Maß an Vorfertigung und dreidimensionalen Design und erhielten dafür den Deutschen Innenarchitekturpreis 2019.
Das siebengeschossige Bürogebäude aus Stahlbetonfertigteilen ist im Grundriss ein Quadrat mit 22,50 m Seitenlänge. Im Erdgeschoss schiebt sich ein Empfangsraum in besagter Messingumrahmung aus der Kubatur. Dahinter folgt ein gebäudehohes, mit Sichtbetonwänden gefasstes Atrium. Eine der Wände neigt sich dem Betrachter entgegen, verjüngt das Atrium und streckt es optisch gen Himmel. Lichtlinien aus LED betonen diese dramatische Verjüngung.
Sechs Kuben schieben sich auf verschiedenen Höhen aus der Seitenwand. Dort sitzen hinter Panoramaglasscheiben Mitarbeitende auf knallgelben Polstern, offensichtlich schwindelfrei. Die weniger schwindelfreien Kolleginnen und Kollegen arbeiten auf den Büroflächen, die sich rund um das Atrium ziehen. Im sechsten Geschoss rahmt eine mit Messing verkleidete Dachloggia den Horizont.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Bürotürmen verlaufen die Lasten der Geschosse hauptsächlich über die Außen- und Atriumwände sowie über die an der Fassade angeordneten Treppenkerne und über eine tragende Installationswand. Das ermöglicht im Innern frei zonierbare Geschossflächen. Dank der geschosshohen Stahlbetonfertigteile war der Rohbau nicht nur sehr schnell errichtet.
Auch die schräg geneigte Betonwand, samt schräg verlaufenden Stoßkanten, ließ sich per Computerberechnung millimetergenau produzieren. Ebenfalls die Besprechungsboxen, die sich aus der Wand schieben, ließen sich mit Vorfertigung überhaupt erst realisieren. So ragen aus der Sichtbetonwand sechs vorfertigte Betonplatten, die mit der Atriumwand und den Geschossdecken kraftschlüssig verbunden sind. Darauf steht jeweils eine selbsttragende Wand-Decken-Konstruktion in Trockenbauweise und mit einer F90-Beplankung. Planerisch gab es vor allem zwei Herausforderungen: den Schallschutz und den Brandschutz.
Weil die Oberflächen des Gebäudes weitestgehend hart sind, wie die Sichtbetonwände und der polierte Estrichfußboden im Erdgeschoss und Atrium, mussten die Planenden den Schallschutz mit akustisch wirksamen Oberflächen optimieren. Im Atrium montierten die Trockenbauer weiche Akustikplatten auf die Seiten der auskragenden Boxen. Auch sie mussten bei der äußeren Verkleidung der oberen, immerhin bis auf 22 Metern Höhe hängenden Boxen Schwindelfreiheit beweisen. In den Räumen selbst montierten sie Akustikdecken mit einer 2 cm dicken Mineralwolle-Auflage, die sie in den Obergeschossen mit einer Schattenfuge von den flankierenden Bauteilen entkoppelten.
Die Akustikdecken sorgen zusammen mit den Teppichböden und den mit Mineralwolle ausgefüllten Trennwänden für ausreichend Ruhe. In den Besprechungsräumen des Erdgeschosses aber planten die Architekten eine zusätzliche, umlaufende Akustikverkleidung mit Mineralwolle in den oberen Wandbereichen, um die Raumakustik für Vorträge zu optimieren und den Nachhall von Nebengeräuschen in den Raumkanten zu reduzieren.
Natürlich ist der Brandschutz vor allem im Atrium, aber auch bei den Treppenhauswänden, bei der vertikal durchlaufenden Installationswand und auf den über 400 m² großen Geschossen selbst ein wichtiges Thema. Die Stahlbetonwand des Atriums hat deshalb ausschließlich Fenster mit Brandschutzverglasung, so dass sich das Atrium zwar optisch, aber nicht räumlich mit den Büroflächen verknüpft.
Auf den Geschossen montierten die Trockenbauer 15 cm starke Leichtbau-Trennwände mit einer 8 cm dicken Mineralwolldämmung. Das erhöht nicht nur die Brandschutzqualität, sondern auch den oben genannten Schalldämmwert der Trennwand auf 61 dB. F90-Qualität musste auch die durchlaufende Installationswand haben. Dafür sorgt eine Vorsatzschale aus Metallprofilen, 6 cm starken Mineralwollplatten sowie einer Beplankung mit Feuchtraum- und Faserzementplatten.
Die Fassade der Obergeschosse ist ein besonderer Hingucker und steht zugleich für die Technologie des Unternehmens. Vor der mit Mineralwolle hochgedämmten Stahlbetonwand hängt eine Gitterstruktur aus Edelstahl. Eigentlich sollten drei Lagen Streckmetall die Hülle bilden. Weil die aber in einem Rahmen gehalten wären und so auf die Höhe des Gebäudes eine sichtbare Fassadenelementierung zur Folge hätten, entwickelten die Planenden gemeinsam mit der FIT AG eine Alternative:
Sie fotografierten das Muster von überlagertem Streckmetall, stanzten und prägten das Bild in anodisiertes Edelstahl. So entsteht ein strukturiertes und perforiertes Metallblech mit unterschiedlich gekörnter Struktur – mit größeren Aussparungen vor den Fenstern und kleineren vor den geschlossenen Fassadenflächen. Die Anodisierung des Metalls schützt vor Korrosion und verursacht zugleich die einprägsame, lichtreflektierende und deshalb changierende Farbgebung der Hülle.
Alle Fotos stammen von © Petra Kellner, Berschneider + Berschneider, mit freundlicher Unterstützung der FIT AG.