Wer Häuser aus den 1960er und 1970er Jahren saniert, hat es oft mit Flachdächern zu tun, also mit einem bis maximal 7 Prozent geneigten Dach. Entgegen ihrem schlechten Ruf sind Flachdächer gerade in Ballungsregionen sehr sinnvoll: Sie schaffen dort mehr nutzbaren Raum, wo jeder Quadratmeter teuer und verbaut ist. Mit einer Begrünung sorgen Flachdächer zudem für ein besseres Stadt- und Gebäudeklima, ein gutes Regenwassermanagement und wichtige Erholungs- und Naturflächen. Dank optimierter, in Jahren erprobter Verlegetechnik und mit qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Materialien wie Mineralwolle (Glaswolle und Steinwolle) lassen sie sich außerdem gut und sicher ausführen.
Seit etwa Mitte des letzten Jahrhunderts gibt es zahlreiche Konstruktionsarten für Flachdächer in Deutschland. Bei allen gilt: Mechanische, thermische und klimatische Einflüsse setzen jedem Dach ‒ ob flach oder geneigt ‒ zu. Der Diplom-Ingenieur Guido Worring ist Spezialist für den Neubau und die Sanierung von Flachdächern und kennt die typischen Schadensbilder von Wohngebäuden aus den 1960er und 1970er Jahren: „Oft ist das Material der Abdichtung über die Jahrzehnte gealtert, die Anschlussbereiche sind nicht mehr in Ordnung und manchmal gibt es Standwasser auf dem Dach.“ Aber nicht immer sind Leckagen durch feuchte Innendecken und Bauteile, durch Pfützen oder Verwerfungen auf der Abdichtung offensichtlich.
Ob und wie ein bestehendes Flachdach saniert wird, hängt vom Zustand, dem Aufbau und der Statik des Daches ab sowie der gewünschten Nutzung und Energieeinsparung. Nur Fachleute können bei einer Dachbegehung, einer Analyse und nach Bedarf mit einer Materialprobe die notwendigen Sanierungsmaßnahmen sinnvoll einschätzen. Und nicht immer bedeutet eine energetische Sanierung den Neuaufbau des Daches, wie Worring sagt: „Wir streben, wo es geht, eine substanzerhaltende Sanierung an. Das ist vor allem abhängig davon, ob und wieviel Feuchtigkeit im Dachaufbau eingedrungen ist und sich in den Dämmschichten angereichert hat.“
Der Neuaufbau oder die substanzerhaltende Sanierung des Daches als Warmdach mit Mineralwolle ist dann relativ unkompliziert, wenn sich die gesamte Dämmebene über der Tragkonstruktion aus Holz, Stahl oder Beton befindet. Stellt der Fachmann fest, dass trotz einiger Leckagen die Dachkonstruktion an sich noch intakt ist, die vorhandene Mineralwolldämmung trocken und eine Tragkonstruktion darunter ebenfalls schadensfrei ist, dann lässt sich das Dach aufdämmen. Dafür entfernen die Fachleute zunächst mögliche Dachauflasten wie Kies, säubern und begradigen dann die vorhandenen Dachbahnen.
Worring sagt: „Bei alten bituminösen Abdichtungen müssen zum Beispiel Blasen und Falten aufgeschnitten und geglättet und lose Teile entfernt werden.“ Die Abdichtung an anschließende Bauteile wie die Attika, Entwässerungsrohre oder Flachdachfenster ist dagegen etwas aufwendiger: Hier müssen lose Teile abgelöst und sorgfältig neu ausgeführt und um das neue Dämmmaß erhöht werden. Eventuell müssen auch die Bauteile selbst erhöht werden, um das gewünschte Dämmmaß einbauen zu können. Danach kann der Fachmann die neue Dämmlage aus Mineralwolle auf dem Dach verlegen. „Ich empfehle eine flächige Trennung von Alt und Neu und deshalb die Mineralfaserplatten lose zu verlegen“, sagt Worring. Denn die alten Dachbahnen könnten porös und ein schlechter Haftgrund für Klebeverbindungen sein. Außerdem könnten Bewegungen und Restfeuchtigkeit im Altbestand unter Umständen zu negativen Auswirkungen auf die neue Abdichtung führen.
Die Verlegung von Flachdachdämmplatten aus Mineralwolle erfolgt zweilagig und versetzt. Durch die versetzte Verlegung überdecken sich die Plattenstöße gegenseitig und durchgängige Fugen werden vermieden. Die Platten müssen sauber aneinanderstoßen, damit sich die Fugen dicht miteinander verfilzen. Zu beachten ist zudem das notwendige Dachgefälle von mindestens 2 Prozent, besser 5 Prozent.
Das Gefälle lässt sich mit Gefälledämmplatten aus Mineralwolle herstellen, die die obere, zweite Schicht bilden. Optimal sind Dämmkeile, die zu einer punktförmigen Entwässerung führen. Dabei muss der niedrigste Punkt des Dämmaufbaus – also dort, wo die Entwässerung liegt – die geforderte Mindestdämmstärke haben. Die Geometrie der geneigten Flächen hängt von der Größe, der Anzahl der Entwässerungen und der späteren Nutzung des Daches ab. Grundsätzlich gilt es, Stauwasser mit ausreichend dimensionierten und gut platzierten Entwässerungsöffnungen zu vermeiden.
Auf die obere Dämmlage werden die Abdichtungsbahnen mit ausreichender Überlappung verlegt. Worring sagt: „Liegt die Abdichtung frei, muss der Dachaufbau mechanisch oder durch Verkleben gegen Windlasten gesichert sein.“ Kunststoffbahnen und Dämmplatten lassen sich mechanisch durch Flachdachbefestiger gut mit dem Dachtragwerk verbinden. „Der Vorteil ist, dass die lose Verlegung mit mechanischer Befestigung einen ausreichenden Bewegungs- und Dampfdruckausgleich ermöglicht“, sagt Worring. Spannungen in der Abdichtungsebene und damit Blasen und Risse können so vermieden werden.
Alternativ lassen sich auch verklebte Abdichtungssyteme nutzen. Worring empfiehlt: „Sie sollten dann Mineralwollplatten mit Vlieskaschierung für eine optimale Klebeverbindung wählen.“
Mit diesem Aufbau ist eigentlich jede weitere Nutzung des Daches möglich. „Sie müssen aber die Statik des Daches beachten“, gibt Worring zu bedenken, „Kies oder Begrünungen bedeuten eine erhebliche Auflast, die der Altbau oft nicht tragen kann.“ Wenn der Statiker aber sein Ok gibt, dann schützt eine Auflast aus Kies oder Erdsubstrat das Dach zusätzlich vor äußeren Einflüssen.
Vor allem eine Dachbegrünung mildert die Temperaturschwankungen, die auf das Dach und die oberste Dachabdichtung einwirken, und verlängert so die Lebensdauer des Materials. Bei einer Dachbegrünung auf einer nicht wurzelfesten Abdichtung muss aber unbedingt ein wurzelfestes Vlies, eine Wurzelschutzbahn, die Dachbahnen und das darauf liegende Erdreich trennen.
Ist der bestehende Dachaufbau durchfeuchtet, hilft laut Worring nur eines: „Dann muss man das Dach abräumen und neu aufbauen.“ Auf die Rohdecke gehört zunächst eine mehrlagige, dampfsperrende Schicht, wie zum Beispiel ein Bitumenanstrich und eine darauf verlegte dampfsperrende Bahn. Dabei sind, wie auch bei der späteren Abdichtung, vor allem die Bauteildurchführungen und -anschlüsse sehr sorgfältig durchzuführen, um Hinterströmungen aus dem Innenraum in die Dämmebene zu vermeiden. Die Dampfsperre muss an allen anschließenden Bauteilen bis über die spätere Dämmhöhe reichen. Ist die dampfsperrende Schicht verlegt, kann der Fachmann die Dämmplatten aus Mineralwolle zweilagig verlegen, wie zuvor beschrieben abdichten und eventuell mit Kies oder Erdsubstrat bedecken.
„Achten Sie auf die gegenseitige Verträglichkeit, Praxistauglichkeit, Langlebigkeit und die passende Verarbeitung aller eingesetzten Materialien“, rät Worring. Beim Flachdach muss eben beides gut durchdacht sein: der Aufbau und die Materialwahl. Letztlich entscheidet auch die sorgfältige Wartung und Pflege über die lange Lebensdauer eines Flachdaches.
Der hier beschriebene Warmdachaufbau mit Mineralwolle hat viele Vorteile und ermöglicht sichere Flachdächer, wenn die Abdichtungs- und Dämmebene auf der Tragstruktur aufliegt. Viele Flachdachbauten aus den 1960er und 1970er Jahren haben aber ein Holzsparrendach mit einer Zwischensparrendämmung, also einen einlagigen Dachaufbau, bei dem Tragwerk und Dämmung in einer Ebene liegen. Wie sich dieses sanieren lässt, lesen Sie hier.