21. September 2016 – Feinstaub macht krank: er schädigt die Atemwege, kann Herzinfarkte verursachen und vielleicht sogar Alzheimer. In den Städten ist die Belastung besonders hoch, Fahrverbote und Umweltzonen sollen das Problem lösen. Doch der Autoverkehr ist längst nicht mehr der größte Verursacher von Feinstaub. 10 bis 14 Millionen Kaminöfen in den deutschen Privathaushalten stoßen jährlich 25.000 Tonnen in die Luft. Das könnte sich bald ändern. Forscher der RWTH Aachen University testen derzeit einen Filter aus Glaswolle, der bis zu 99 Prozent des Feinstaubs speichern und die Luft reinigen kann. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe gefördert.
„Glaswolle ist sehr fein. Selbst die kleinsten Feinstaubpartikel bleiben an den Fasern haften“, erklärt Uwe Athmann. Der Diplom-Ingenieur ist Geschäftsführer des Ingenieurbüros dezentec und hatte die Idee für den Filter. Das Speicherprinzip ist schon lange bekannt. Neu ist die Übertragung auf heiße Abgase von Kaminöfen. Gemeinsam mit den Forschern im Lehr- und Forschungsgebiet Technologie der Energierohstoffe (TEER) der RWTH Aachen hat er verschiedene Naturstoffe getestet. „Hanf, Flachs, Schafwolle – wir haben alles ausprobiert. Kein Material war gegenüber den heißen Kamingasen so beständig wie Glaswolle. Schafe existieren nun mal nicht bei über 80 Grad. Und das gilt auch für ihre Wolle.“
Glaswolle ist sehr fein und sehr hitzebeständig
Das würfelartige Filtersystem wird direkt auf dem Kamin installiert. Ein Ventilator saugt die Kamingase an und leitet diese über die Glaswolle-Filterkassetten, die den Feinstaub aufnehmen. Eine Herausforderung in der Entwicklung liegt in der Aufnahmekapazität. Schließlich sollen die Filter möglichst eine Heizperiode lang halten. Danach kann der Schornsteinfeger sie leicht auswechseln. „Das besondere an unserem System ist, dass es nicht störanfällig ist“, sagt Athmann. „Wenn der Strom ausfällt und der Ventilator nicht mehr funktioniert oder die Filter voll sind aber nicht ausgewechselt werden, kann die Abluft trotzdem abziehen. Es besteht keine Gefahr, dass Gase in die Wohnung gelangen. Schlimmstenfalls wird Feinstaub nach Draußen gepustet – so wie es heute Gang und Gäbe ist.“
Wie schon im letzten Winter werden auch dieses Jahr mehrere Prototypen des Filters auf den Schornsteinen im Raum Aachen getestet. Noch ist das Projekt in der Entwicklungsphase. Wenn die Kapazität des Filters erfolgreich erhöht wird, könnte Glaswolle bald für saubere Luft und ein reines Gewissen beim Heizen sorgen. Und auch für die Schornsteinfeger wäre es eine saubere Sache: „Kaminabgase enthalten einen großen Anteil Teer“, erklärt Athmann. „Auch der wird von unseren Glaswolle-Filtern aufgenommen.“ In Zukunft werden die Schornsteinfeger also nicht mehr schwarzgefärbt sein. Glück bringen sie trotzdem.